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Das täglich Bier

In den Kellergewölben unter dem Heiligen-Geist-Hospital wurde auch das Bier gebraut. Sie werden es vielleicht auf der einen oder anderen Stadtführung gehört haben: Im Hospital stand täglich jedem Bewohner eine große Ration zu. Allerdings war dieses Dünnbier eine reine Gesundheitsvorsorge, denn das Wakenitzwasser eignete sich nicht unbedingt zum Trinken.

In den 1263 von Bischof Johannes III. angeordneten Ökonomischen Regeln wurde festgesetzt:

Weder der Meister noch andere Brüder oder Schwestern dürfen anderes Getränk trinken, als dasjenige, was allen mitgetheilt werden kann. Wein erhalten nur diejenigen, welche dessen besonders bedürfen.

1641 beschränkt sich das Getränk nicht mehr nur auf Bier: „Außer 1 Mark 8 Schilling für Rummeldaus ist 4 Schilling für „branntwein“, 3 Mark Für 1 stübichen Wein verrechnet“.  Dennoch blieb Bier das Hausgetränk. Im Jahr 1732 geht aus der „Nachricht, was einer jeden Person im Heiligen=Geist Gotteshause täglich an Bier gehöret“ hervor, dass jeder Hausarme täglich 3 Quartier erhält (1 Quartier entspricht nicht ganz einem Liter).

Die Aufgaben des Brauers waren klar umrissen:

Der Brauer hat das, ihm vom Schreiber gelieferte Malz wohl in Acht zu nehmen, nach der Mühle bringen und mahlen zu lassen, und demnächst unverkürzt zu verbrauen, das gebraute Bier aber in den Keller zu bringen, und darauf zu sehen, daß solches zu der Armen und der Beamten Nothdurft verwandt werde.

Doch die Armen machten ihr Bier in der Stadt zu Geld, anstatt es zu trinken. Dieses für die Verwaltung leidige Thema zieht sich durch die Anordnungen bis ins 18. Jahrhundert.

„Wegen den übermäßigen Verbrauch des im Hospital gebrauten Bieres“ wendet sich etwa 1749 ein an die Hausarmen erlassenes „Verbot, das ihnen gelieferte Getränk zu verkaufen. Können oder wollen sie es nicht selbst genießen, soll ihnen die Portion genommen oder verringert werden“. An anderer Stelle ist von einer unverhältnismäßigen Steigerung des Bierkonsums die Rede, die die Vorsteher veranlasste, „die Ursache des Mehrverbrauchs und dabei die Höhe desjenigen Quantums zu ermitteln, das bei ordnungsgemäßiger Verteilung tatsächlich erforderlich war“.

Es findet sich aber, wie der Bericht bemerkt, daß nicht nur die Kammerleute und einige der Hausarmen, ferner Meisterin, Koch, Brauer und Bäcker beim Bierholen Krüge zum Keller bringen, die mehr halten, als vorgesehen. Dadurch werden im ganzen 30 Quartier mehr gebraucht. Die Küchenmagd Anna, fügt der Schreiber noch hinzu, holt statt der ihr zustehenden 6 Quartier in ihrem Kipp 12 Quartier. Sie gibt vor, „daß sie ihrem Holzhauer täglich 3 Quartier  1 Kanne Bier, oder wöchentlich 4 Schilling an Geld geben müsse.

Auch in weiteren Berichten wird notiert, dass mit dem Bier nicht sparsam umgegangen wurde.

Am meisten aber erregte bei den Vorstehern Unwillen, und mußte mit Recht als ein arger Unfug betrachtet werden, daß die Empfänger das ihnen zu eigenem Genuß zugedachte Bier nicht einmal selbst tranken, sondern größtenteils in der Stadt zu Gelde machten.

1754 kam es zu einem „Bierkrawall“. Ursache für den Aufruhr war der amtierende Brauer Kaiser:

Laut Meldung des Schreibers Serner haben sich während dessen Abwesenheit auf einer Dienstreise die Hausarmen zusammengerottet und dem Brauer erklärt, sie wollten das Bier nicht mehr haben, er könnte es selbst saufen, haben auch wegen des so schlecht gebräueten Bieres die andern Leute aufhetzen wollen. Dabei ist es zu einer Schlägerei gekommen.

Auch in der Stadt braute sich Ärger zusammen. Da der aushäusige Verkauf kein Ende nehmen wollte und auch das Reduzieren der Rationen nicht half, wandten sich die Lübecker Brauer 1775 hilfesuchend an den Rat.

„Wir bemerken jede Woche, wie das nur für die Armut im Hospital zum Heiligen Geist bestimmte, eigengebraute Bier den Bürgern und Einwohnern dieser Stadt angeboten und käuflich überlassen wird. Dieser sich mehr und mehr verbreitende missbrauch verkürzt noch immer unsre so schon auf den schwachsten Füßen sich befindende Brau-Nahrung. Nur das Zutrauen zu der Gerechtigkeitsliebe der Vorsteherschaft hat die Zunft abgehalten, ihr Recht auszuüben, vermittelt Wegnehmung solchen Bieres diesem Unfug Einhalt zu tun.“

 Diesmal hatte die Beschwerde Konsequenzen.

Nach dem Vorgange andrer Armenhäuser wird auf Vorschlag von Bilderbeck und Nölting (Anm.: damalige Vorsteher) das eigene Brauen im Hause nun endgültig eingestellt, da das Brauwerk unverhältnismäßige Kosten verursacht, das selbstgebraute Getränk oft von schlechter Beschaffenheit ist, und von den Armen fast nicht getrunken, sondern meistens verkauft wird.

Anstelle der gefüllten Kannen gab es von nun an ein Biergeld. Dem letzten Brauer des Hospitals, Jürgen Busch, zahlte man eine Art Ruhegehalt. Man brachte es einfach nicht fertig, ihn vor die Tür zu setzen …

Wein

Die Lübecker hatten stets eine besondere Beziehung zu Wein, die sie ihren weit reisenden Kaufleuten verdanken. Rotwein wurde bereits in dem Jahrhundert importiert, als das Heiligen-Geist-Hospital gegründet wurde.

Die Gewölbekeller auf der traveumflossenen Altstadtinsel, unterhalb der Gebäude des UNESCO-Weltkulturerbes, waren für den Weinhandel optimale Lagerräume. Auch Keller unter dem Hospital wurden zum Teil und zeitweilig als Weinlager genutzt oder vermietet.

Journalisten, Reichs- und Landtagsabgeordnete aus Kiel berichten 1895 im Berliner Tageblatt begeistert von einer Einladung der Lübecker zur Deutsch-Nordischen Handels- und Industrie-Ausstellung:

„Nach einer interessanten Bahnfahrt durch wunderschöne Buchenwälder an herrlichen Seen vorüber kam man nach Lübeck. Auf das herzlichste begrüßt, fuhren wir in Equipagen über den Wall und genossen dabei die Aussicht auf die prächtige altertümliche Stadt, die Perle des Nordens. Lübecks Rotweine haben einen wohlbegründeten Ruf in ganz Deutschland, und man kann es den Handelsherren an der Trave nicht verdenken, daß sie uns ihre duftenden Schätze dieser Art zeigen wollten.“

Die Schätze sollen übrigens nicht nur gezeigt worden sein. Die ausgiebige Weinprobe in den Gewölben erwies sich als erfolgreiche PR-Aktion.

Eine Spezialität, die Sie auch auf unserer Weinkarte finden, ist der Lübecker Rotspon: französischer Rotwein in Holzfässern gelagert und dann umgefüllt; Spon steht für (Holz-)Span. Es heißt, dass der Bourdeaux nur im Lübecker Klima sowie in den Weinkellern unter der Stadt die besonderen Aromen hervorbringen kann. Probieren Sie einfach selbst. Zwei Zoll sollten es schon sein:     

„Watt een ordentlichen drinkfasten
Lübschen Börger is, de mütt ümmer
twee Toll lübschen Rotspohn in
Magen hebben.“

(Eintrag im Fremdenbuch der Lübecker Weinhandlung Maßmann & Nissen)