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Denkwürdigkeiten Lübecks

Die Backsteinmauern dieses Bauwerks bezeugen mehr als 700 Jahre Leben und Wirken im Heiligen-Geist-Hospital, einer der größten kommunalen Sozialeinrichtungen in Europa. Von Beginn an steht das Hospital in der Tradition bürgerlicher Wohltätigkeit, 1227 gegründet von Lübecker Kaufleuten und dem Rat der Stadt. Zunächst befand es sich am Klingenberg (Pferdemarkt, Ecke Marlesgrube), dann wurde um 1276 am Kuh-Berg – heute Koberg – mit einem Neubau samt Kirche und Langhaus am heutigen Standort begonnen, der 1286 vollendet war. Den Alltag am Koberg dürfen wir uns sehr belebt vorstellen, denn hier fanden Markttage statt.

Zunächst war die Einrichtung dem Deutschen Orden unterstellt, dann einigte man sich aber mit dem Bischof: Hospital und Priester unterstanden seiner Leitung und so stellte er 1263 die erste Ordnung auf. Die Bewohner sollten sich „eines löblichen Lebenswandels im Hause des Herrn“ befleißigen und nach den Regeln des Johanniterordens leben.

Ihre feste Einrichtung datiert sich aber erst vom Jahre 1263, und gründet sich auf eine, um diese Zeit vom Lübeckischen Bischofe Johann III. erwirkte Haus-Ordnung. Mit ihr beginnt das eigentlich Leben der Stiftung, und so mögen wir sie immerhin als die Wiege derselben ansehen.

Zwar wurde das Hab und Gut der ohnehin bedürftigen Bewohner bei Aufnahme eingezogen, aber dafür waren sie hier auf Lebenszeit versorgt. Die „Hausarmen“ wurden in ungefärbte Schafwolle gekleidet, alle Mahlzeiten wurden gemeinsam eingenommen. Zu jeder Gebetszeit sprach man sieben Vaterunser für die Wohltäter.

Diejenigen, welche in diesem Hause aufgenommen wurden, waren äußerst eingeschränkt. Sie mussten nicht nur das Gelübde der Armuth, der Keuschheit, und des Gehorsams ablegen, sondern auch besondere Kleidung oder Scapulier (Anm.: Schulterkleid), welches ihnen auf Kosten des Hauses gegeben ward, tragen, wodurch sie von Andern unterschieden wurden, weil sie sich zu den Geistlichen rechneten. Ihre ganze Habseligkeit mußten sie bey ihrer Annahme in das Hospital einbringen, und nichts davon zurück behalten. Über der Mahlzeit, wo sie drey Gerichte hatten, durften sie kein Wort sprechen. Übertraten sie eines von ihren Gelübden, so mußten sie fasten und hungern bey Wasser und Brod nach der Schwierigkeit. 

Anfangs wurden auch Reisende und Pilger für eine Nacht aufgenommen und beköstigt, 1363 wurde für sie ein Gasthaus errichtet, hinter dem Hospital an der Großen Gröpelgrube.

Solch Gast=Haus wird von Bürgerlichen Vorstehern adminstiret / und wann ein Fremder oder Reisender von selbigen die Freyheit darinn einzukehren erlanget hat / so wird er zum wenigsten 3. Tage lang mit Kost und Lager wohl versehen / wozu ihm der daselbst verordnete Gastmeister beforderlich ist.  

Mit der Reformation wurde die Leitung des Heiligen-Geist-Hospitals in weltliche Hände gegeben: Vorsteher waren von nun an die beiden ältesten Bürgermeister Lübecks. 1939 übernahm die Hansestadt die Stiftungsverwaltung.

Dank der Ländereien und Höfe durch Schenkungen im Besitz des Hospitals war die wirtschaftliche Lage in der Regel gut; das zeigt sich in erhaltenen Rechnungsbüchern zur Versorgung mit Nahrungsmitteln.

Die Gewölbekeller wurden im Laufe der Zeit fast durchgehend als Lager für Nahrungsmittel und zum Teil als Kaufkeller genutzt oder als Weinlager vermietet. Bis 1775 wurde hier das Bier gebraut, das in der Geschichte des Hospitals eine ganz besondere Rolle spielte. Der Gewölbekeller beherbergt seit Jahrzehnten ein Gasthaus mit historischem Weinkeller und Remtersaal für größere Feiern und Versammlungen.

Ungleich kunstvoller als die einfachen, wuchtigen Gewölbe unter dem Langen Hause sind die Keller unter den übrigen Bauteilen. (…) Von ähnlicher Art, wiewohl mit viereckigen Pfeilern, sind die Gewölbe unter dem Bauteile an der Gröpelgrube und Backsteinkonsole am Koberg. Hier sind die Keller durch Quermauern mehr der Kellergewölbe, fach aufgeteilt und mit Zugängen von den Straßen aus versehen, welche zurzeit ihre Vermietung zu den verschiedensten Zwecken ermöglichen. Vermutlich sind sie von jeher solchergestalt verwertet worden, da ihr Zusammenhang mit den übrigen Räumen des Hospitals nicht nachzuweisen ist.

Noch heute hat das Heiligen-Geist Hospital die Zielsetzung, die Betreuung alter und bedürftiger Menschen in Lübeck zu fördern.

 „Wer die Denkwürdigkeiten Lübecks und der Vorzeit, die Anstalten, welche der fromme Sinn unserer Voreltern uns hinterlassen hat, in ihrem ganzen Umfange und in ihren verschiedenen Wirkungszeiten kennen zu lernen Gelegenheit gehabt hat, dem wird zunächst die hohe Wichtigkeit des heil. Geist Hospitals nicht entgangen sein. Denn wenn je eine Stiftung wohlthätig in unserem Staate gewirkt hat, so ist es diese, indem sie dem hülflosen Greise eine sichere Zuflucht gewährt, dem durch Kummer und Noth Gebeugtem wenigstens die letzten Tage seines irdischen Daseins erheitert, und den, wegen körperlicher Gebrechen, des Erwerbs Unfähigen vor Mangel und Nahrungssorgen schützt.“

Die 1820 errichteten und nur vier Quadratmeter kleinen Kabäuschen, die im Gegensatz zu den Sälen mit den langen Bettenreihen immerhin etwas Privatsphäre boten, wurden noch bis 1970 bewohnt.