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Überliefertes: Wat Vor de Armen nödig

Im Heiligen-Geist-Hospital wurden Nahrungsmittel für oft mehr als hundert Bewohner des Heiligen-Geist-Hospitals gelagert und verwaltet. In den „Regeln über die ökonomische Einrichtung“ legte Bischof Johannes III. fest, dass den Mitgliedern des Hospitals „Wohnung, Kleidung und Kost“ gestellt werde. Gegessen wurde nur innerhalb des Hauses – außer es lag eine Genehmigung des Meisters vor: „Alle müssen sich zur gemeinschaftlichen Tafel einstellen, und mit den aufgetragenen Speisen zufrieden sein.“

Von Weihnacht bis Fastnacht, und von Ostern bis zum Adventstage wird des Sonntags, Dienstags und Donnerstags jeder Woche Fleisch verabreicht. (…) Mehr als drei Gerichte (Vorkost, Fleisch, und Gemüse) werden nicht gegeben, es wäre denn an einem hohen Festtage, aber in Folge einer besonderen Verfügung eines Wohlthäters der Anstalt.

Zwei Fasttage bei Wasser und Brot waren die festgelegte Strafe dafür, sich „durch den Reiz des Anblicks oder Geruchs“ einer Leckerei „zu ungebührlicher Begehrung hinreißen“ zu lassen.
In der Hausordnung von 1601 drohte man mit dem Auslassen einer ganzen Mahlzeit, sollte der Hausarme bei den Mahlzeiten mittags und abends beim Läuten der Glocke es versäumen, „Gott dem Allmächtigen durch Gebet zu danken“.
Sonntags gab es „von Michaelis bis Pfingsten“ um 11 Uhr zu essen, „von Pfingsten bis Michaelis“ um 10 Uhr.
Auch zur Verteilung von Resten einer Mahlzeit im 18. Jahrhundert ist etwas zu finden:

Was von den Vorspeisen übrig bleibt, kommt den Hausarmen zu Gute und wird ebenfalls unter sie vertheilt, so weit es reicht. Damit aber dabei keiner übergangen werde, so beginnt man mit der Austheilung solcher Reste am folgenden Tage da, wo man am vorhergehenden Tage aufhörte.

Das galt auch für das so wichtige, kalorienreiche Schmalz und Fett. Aus einem Verzeichnis von Lebensmitteln wissen wir, „welche im Jahre 1644 als das Bedürfniß für 110 Personen erfordert wurden, mithin, wenn auch manches davon den Officianten zufloß, doch zum größten Theile den Hausarmen zu Gute kamen“:

13 Last Rogge.
26 Last Gerste.
208 Tonnen gesalzenen Fleisches.
300 Pfund frischen Fleisches zu den Mahlzeiten auf Ostern, Pfingsten, Weihnacht und Fastnacht.
4 Ochsen.
4 Last Seehering
12 Tonnen flämischen Hering.
4 Last Dorsch.
18 Tonnen Butter.
2 Last Grütze.
13 Tonnen Essig.
12 Drömt Hopfen.

Jetzt wollen wir mal pöttekieken: Aus dem Jahr 1661 wurde folgender Küchenzettel überliefert, der wohl als älteste überlieferte Speisefolge aus dem Hause gelten kann:

Ao 1661.
Verzeichnis was in dem heyl. Hause den Armen täglich gespeiset wirdt.
Alle Sonntgk, Dienstagk und Donnerstagk wirdt Ochsenfleisch gespeiset, Jedesmahl 1 ½ t. Ist uff 50 Wochen, weyl 2 Wochen wegen des frischen Fleisches abrechne, 225 to á to 20 Mark thuet offs Jahr … 4500 Mark
Wann 1 1/2 t Eingehauen wirdt, Ist in der Speisung 30 Mark thuert des Jahr durch uff einen Tagk in der Woche 1500 Mark
Wann nur dariegen Schafsfleisch gespeiset wirdt, so wirdt nur 1 t eingehauen. Kombt 19 Mark  thuet das Jahr durch uff einen Tag 988 Mark. Kehme dem Hause wegen solcher Speisung zum besten 572 Mark. Wann gute Ochsen Kälber in Tonnen zu bekommen und selbige zu Zeiten mitgespeiset wirdt, kann das Hauß uff einen Tagk mit 10 u. 12 Mark zu kommen. Und wann mehr selbige 12 Mahl an stath Ochsenfleisch gespeiset werde profitirt des Hauß in 12 Mahlen 216 Mark.

Welches kann ohne einige Verkürtzung der Speise an die Armen geschehen kann.
Alle Montagk wirdt gespeiset Dosch. Jedesmahl 1 Tonne. Ist daß Jahr 52 Tonnen á 13 Mark ist … 676 Mark
Mitwochen wirdt Ahlborger Heringk gegebenm nachdem er groß ist, 4. 5. Auch 6. Stücke, Und wirdt bei 3 mahl auß einer Tonne gespeiset á 18 Mark, thuet Jede Speisung ungefehr 7 Mark 8 Schillinge. Ist uff 52 Tage….390 Mark
Freytagk Bekommen sie Rotscher, dazu wirdt genommen 5 Mark Lübsch 3 Mark thuen 73 Mark, setze davor 7 1/8 Mark thuet uff 52 Tage…. 390 Mark
Sonnabent wird Heringk gespeiset wie des Mitwochens kombt … 390 Mark

Brodt.
Wirdt alle Tage ordinarie an 100 Arme und die Bedienten Weggegeben 248 Wicken.

1770 galt folgender Wochen-Speisezettel, auf dem auch Bargeld verzeichnet ist, das ebenfalls zugeteilt wurde:

Speisungen z. H. G. wie es bis hierher gehalten

In Winter Monaten
Sonntags: Vorspeise: Erbsen oder Braunkohl. Zuspeise: Pökel=Ochsenfleisch ca. Pfund, oder Schweinefleisch ca. 2 ½ Pfund, auch wohl Ochsenfleisch ca. 2 ½ bis 3 Pfund, davon jeder Portion Suppe und noch Portion Reis in Milch gekocht bekommen.
Sommer und Herbst Monate
Sonntags: Suppe und noch Reis in Milch gekocht, dazu an Lammfleisch ca. 3 Pfund, frisch Hammelfleisch ca. 2 Pfund.
Montags: Grütze in Milch gekocht nebst 1 Schilling Crt.
Dienstags: Grütze, Erbsen oder Kohl nebst 1 Schilling.
Mittwochs: desgl. Nach Jahreszeit nebst 1 Schilling.
Donnerstags: im Winter gepökelt Hammelfleisch ca. 3 ½ – 4 Pfund, im Sommer jedem 1 Pfund Speck nebst Vorspeise Grütze, Kohl oder Erbsen.
Freitags: Grütze, Kohl oder Erbsen nebst 1 Schilling
Sonnabends: ebenso.

Immer wieder wird berichtet, dass der Verwaltung Unregelmäßigkeiten auffielen in der Verwaltung von Nahrungsmitteln. So hieß es unter der Leitung von Lübecks Bürgermeister Dr. Antonius Winckler (1701-1707): „Ferner bestrebt sich die Wincklersche Verwaltung, im Küchendepartment dem Einreißen von Missbräuchen vorzubeugen.“ Einer seiner Nachfolger, Thomas von Wickede (1714-1716), „war während seiner kurzen nur zweijährigen Amtsdauer eifrig bemüht, durch energische Maßregeln verschiedene Mißbräuche, die sich im Wirtschaftsbetriebe schon wieder eingeschlichen hatten, abzustellen.“ Dem Koch, so wurde gemahnt, werde man nun genauer auf die Finger sehen; „allerlei Willkürlichkeiten in der Speisenverteilung, Anordnungen in Küche und Keller werden durch strengere Handhabung der Vorschriften beseitigt“. So soll der Schreiber, der die Oberaufsicht über die Küchenangelegenheiten habe, bei Abwesenheit den Schlüssel zum Speisekeller dem Vorsteher übergeben, „der die Woche hat“. Zudem erhielt er Anweisung, „genauer als bisher Buch zu führen über die Vorräte an Korn, Salz und anderen Viktualien“.

Auch Energiesparen war damals ein Thema. Aus Aufzeichnungen aus der Zeit von 1730 bis 1750 geht hervor, dass der Wald der Stiftung geschont werden solle, indem ein Drittel des Holzbedarfs zugekauft werden solle. Der Koch wird wiederholt angemahnt, „mit dem Holze haushälterlich umzugehen, und was möglich ist, in dem eingemauerten Kessel zu kochen“. Eine weitere Maßnahme sind im Jahr 1749 zwei weitere eingemauerte Kessel, „weillen damit die Hälfte Holz kann ersparet werden“.

Der Verbrauch des kostbaren „weißen Goldes“ sollte ebenfalls sinken: „Wegen Menagierung des Lüneburger Salzes“ wird 1749 beschlossen, an den Bäcker, den Brauer, die Meisterin und sogar an die Hausarmen selbst nur ein bestimmt festgesetztes, weit geringes Quantum Salz als bisher verabfolgen zu lassen, „und ein mehreres nicht“. Die gewichtigste Persönlichkeit unter den ,Offizianten’ soll übrigens der Koch gewesen sein:

Zu Anfang des 17. Jahrhunderts besorgte er neben dem Zubereiten und Verteilen der Speisen auch selbständig den Einkauf der meisten Lebensmittel, bis er dabei an die Mitwirkung des Schreibers gebunden wurde. (…) „Wat Vor de Armen nödig nach alten Herkommen an frischen Fischen“, soll er mit dem Schreiber „tho Markte kopen und up de bennete Tidt und Mahle de Armen und Gesinde aftospisende verbunden sin“. 

„Fleesch“ gab es im 17. Jahrhundert von Rindern (Ochsen), Schafen (Lämmern, Hammeln) und Schweinen:

Es ward auf verschiedene Weise beschafft; entweder durch Schlachten des im Wirtschaftsbetriebe gemästeten Viehes oder durch Ankauf frischen Fleisches, hauptsächlich Rindfleisches, bei den städtischen Knochenhauern, oder durch Bezug gesalzener, eingepökelter Ware aus dem nordischen Auslande, und zwar sowohl von Rind= wie Schaf= und Schweinefleisch. An den Festtagen zu Weihnachten, Ostern und Pfingsten war es Brauch, stets frisches Fleisch auf den Tisch zu bringen.

An Fisch wurde Hering, „Kabliau“ und Dorsch gereicht, „je nachdem sie in der Nord= oder Ostsee gefangen, gesalzen oder getrocknet versandt, unter verschiedenen Bezeichnungen auf den Markt gelangen“. Kartoffel gab es noch nicht, zu den Hauptmahlzeiten wurde Grütze gelöffelt.

Zu Beginn des 19. Jahrhunderts sah die Stellenbeschreibung des Kochs so aus:

 Der Koch hat die Obliegenheit, beim Zuhauen des Fleisches selbst gegenwärtig zu sein, die Speisen gut zuzubereiten und gleichmäßig an die Haus=Armen zu vertheilen. Es darf keine fremde Leute auf die Küche kommen lassen, und muß darauf achten, daß nicht nur mit dem Brenn=Material kein Mißbrauch geschehe, sondern auch, daß das Kochgeräth wohl erhalten werde. Das Ein= und Umsalzen des Fleisches hat er selbst zu besorgen, und die Küche zur rechten Zeit aus= und abzuschließen.

Quellenangaben: siehe Impressum